Ingwer (Zingiber officinale)

Autor/en: 
Dipl.-Ing. Anke HerrmannHeilpraktikerin

Ingwer ist heute wortwörtlich in aller Munde: als Gewürz oder Modepflanze pur, kandiert mit oder ohne Schokolade, als Bestandteil vieler Teemischungen; in Keksen, Plätzchen und Lebkuchen; in unzähligen Wellness-Produkten; als Halsbonbon; als Ginger-Ale oder Ingwer-Bier … Die Liste ließe sich endlos fortsetzen. Ingwer wird meist heiß geliebt und gern genutzt.

Aus einer aktuellen Umfrage in meiner Praxis ausgewählte Antworten auf die Frage:

Warum nutzen Sie Ingwer oder auch nicht?

„Wenn ich friere, wärmt so ein Ingwer-Tee richtig gut durch.“

„Beginnenden Erkältungen begegne ich gleich mit einer Tasse Ingwertee, natürlich frisch geschnitten, keine Aufgussbeutel. Da ist die Erkältung weg bzw. kommt gar nicht erst.“

„Ich mag am Ingwer die Klarheit. Er macht den Kopf klar.“

„Seit ich regelmäßig Ingwer vor dem Mittag esse, bin ich nach dem Essen nicht mehr so müde.“

„Mit Ingwer hat sich mein Stuhlgang verbessert.“

„Das Essen bekommt mir mit Ingwer besser und Völlegefühl und Blähungen sind weg.“

„Allein der Geschmack – ich liebe den Ingwergeschmack!“

„Sobald ich Ingwer esse, schwillt meine Nase zu und ich bekomme keine Luft mehr.“

„Als einige aus unserer Gruppe auf der Wochenendfahrt Flusswasser getrunken hatten, habe ich die ganze Nacht Ingwer-Tee gekocht und so die Übelkeit und Erbrechen bessern können. Ingwer war das einzige, was in unserer Einöde half.“

„Er ist scharf, aber gut.“

„Ich nutze Ingwer gern in warmen Wintersuppen, aber moderat, dass er nicht vorschmeckt.“

„Bei Halsschmerzen kaue ich gern ein Stück kandierten Ingwer. Das schmeckt und hilft.“

„Ich koche gern asiatisch. Da gehört Ingwer einfach dazu.“

„Ingwer-Pulver im Kaffee ist für mich eine geniale Kombination.“

Ingwer ist heute wortwörtlich in aller Munde: als Gewürz oder Modepflanze pur, kandiert mit oder ohne Schokolade, als Bestandteil vieler Teemischungen; in Keksen, Plätzchen und Lebkuchen; in unzähligen Wellness-Produkten; als Halsbonbon; als Ginger-Ale oder Ingwer-Bier … Die Liste ließe sich endlos fortsetzen. Ingwer wird meist heiß geliebt und gern genutzt.

Die Ingwerwurzel ist eines der beliebtesten Gewürze der Welt. Schon seit 5000 Jahren wird Ingwer in chinesischen und indischen Haushalten als Universalheilpflanze verwendet. In Europa ist er als eines der ersten orientalischen Gewürze bekannt geworden und seit rund 100 Jahren vor Christus im Handel. Nicht nur als Bestandteil des traditionellen Gingerbread, einer Art englischem Lebkuchen, hat der Ingwer die Zeiten überdauert und erfreut sich heutzutage nicht nur in England wieder zunehmend großer Beliebtheit.

Dass dem Ingwer in der chinesischen und indischen Medizin weit reichende Wirkungen zugeschrieben werden, ist inzwischen auch in Europa bekannt. Im Mittelalter waren die scharfen Knollen ja sehr verbreitet und hießen der „Pfeffer der armen Leute“, weil sie sich den teuren schwarzen Pfeffer nicht leisten konnten. Nun erlebt er in Mitteleuropa eine Renaissance, während in England und den USA der meiste Ingwer weltweit neben Indien und China verbraucht wird.

Wärme

„Die Welt braucht Wärme, Güte, Zartheit. Zartfühlend wirst du, wenn du weißt, wie zerbrechlich die Dinge, wie einsam die Menschen sind.“1

Es ist Winter geworden. Nicht nur der Jahreszeit nach. Die große Spinne Gleichgültigkeit und Unentschlossenheit spinnt unsere Welt ein. Ein kalter Wind weht die letzten Blätter von den Bäumen. Eiskristalle funkeln im Sonnenlicht. Doch die Sonne wärmt nicht mehr. Die Liebe zwischen den Menschen erkaltet. Unsere Gehirne arbeiten sehr exakt, aber das Gemüt friert. Und wir verdecken unsere Verzweiflung mit lauem Spaß, teuren Reisen, Wellness-Wochenenden oder der angesagtesten Elektronik. Wir kreisen um uns selbst - immer wieder und immer schneller. Und vergessen vielleicht die wirklich wichtigen Dinge im Leben?

Tropische Wärme im kühlen Mitteleuropa

„Noch sonniger als der Rosmarin sind nur noch die exotischen Gewürze, beispielsweise Ingwer oder Zimt. Sie speichern die gleißende Sonne ferner Länder in Form von ätherischen Ölen oder Scharfstoffen und sind daher von ausgesprochen hitziger Natur.“2

Woher kommt der Ingwer?

Ein langer Weg liegt hinter jedem unscheinbaren Ingwerstück, welches wir in Supermarktregalen oder beim Gemüsehändler kaufen können. Ingwer wächst in den tropischen Regionen Indiens, Chinas, Indonesiens, aber auch in Ost- und Westafrika, sowie in Mexiko, Peru oder auch Brasilien. Jedes Ingwerstück hat die Wärme der Tropen und das Feuer der Vulkane im Gepäck. Ingwergewächse (Zingiberaceae) gehören zu den althergebrachten Standardgewürzen der chinesischen und orientalischen Küche. Neben dem Ingwer zählen auch Gelbwurz (Kurkuma), Galgant und Kardamom zu dieser Familie. Sie erfreuen sich immer größerer Beliebtheit auch im kalten und neblig-feuchten Mittel- und Nordeuropa. Der Geschmack der Ingwergewächse reicht von brennend scharf über feurig-würzig bis leicht aromatisch-bitter. Dabei zählen Ingwer, Kurkuma und Galgant zu den Wurzelgewürzen. Das bedeutet, dass die in der Pflanze enthaltenen ätherischen Öle und für den Geschmack wichtigen Inhaltsstoffe sich vorrangig in den knolligen Wurzelstöcken (Rhizomen) konzentrieren. So können diese gleich ohne weitere Verarbeitung den Speisen frisch geschnitten, getrocknet und pulverisiert oder in Zuckerlösung kandiert zugegeben werden.3

Galgant

Der kleine Galgant (Alpinia officinarum) ist ein aus China stammendes Ingwergewächs und wurde wie viele andere Kräuter auch von den sagenumwobenen venedischen Kräuter-, Berg- und Kristallgängern über die Alpen gebracht. Im Mittelalter stand er in hohem Ansehen. Hildegard von Bingen empfahl die aromatische, getrocknete Wurzel gegen Herz- und Magenleiden in Wein gekocht. Nicht nur den Benediktinern war die „heiter machende“ Wirkung des auch als „Schnapsblume“ bezeichneten Galgants bekannt. Er war auch bei den Thüringer Laboranten als Bestandteil von Kräutertränken beliebt.4 Heute gehört er zwingend zur thailändischen Küche wie der Chili zu Mexiko, wobei hauptsächlich der große Galgant (Alpinia galanga) genutzt wird. In Europa meist nicht mehr bekannt, hat besonders der kleine Galgant in Asien in der Volksmedizin eine lange Tradition zur Behandlung von Arthrose, Hautproblemen, Verdauungsbeschwerden und Diabetes. Diese Überlieferungen werden immer mehr durch Studien untermauert. Auch in der Krebsmedizin forschen Wissenschaftler aus Indien, Japan, England oder Thailand an Medikamenten aus Galgant. In Studien fand man heraus, dass Galgantpräparate die Bildung von Magengeschwüren hemmen und bei Diabetes 2 den Blutzuckerspiegel senken. Arthroseschmerzen verringern sich durch Ingwer-Galgantpräparate.5

Wie kam der Ingwer nach Europa?

Heute ist der Ingwer in allen Gebieten der Tropen heimisch. Schon im antiken Europa war er dank arabischer Händler bekannt. Die Römer importierten ihn aus den Hafenstädten Ägyptens und Vorderasiens, welche mit indischen Märkten in Verbindung standen. Neben den verschiedenen Pfefferarten war der Ingwer das meistgehandelte und beliebteste Gewürz. Später kam er mit Benediktinern über die Alpen und war im Mittelalter bekannt, beliebt und verbreitet. Hildegard von Bingen schätzte neben der scharfen Ingwerwurzel noch mehr den Verwandten Galgant.

In der Klosterheilkunde verbreitete sich das Wissen vom Ingwer. Vor allem die Benediktinermönche unterhielten in ihren Klöstern eine Art Ambulanz, wo die Familien der bitterarmen Bauern der Klosterdörfer kostenlos behandelt und arzneilich versorgt wurden. Die Heilkräuter stammten aus dem Klostergarten oder wurden für die Klosterapotheke von Gewürzhändlern gekauft. So konnten die klösterlichen Priesterärzte ihre Tränke aus Kamille, Salbei, Pfeffer, Zimt, Ingwer, Wermut, Baldrian, Honig oder frischem Obst brauen.4

Doch keiner in Mitteleuropa kannte die sagenumwobene Heimat des Ingwers. Erst als der venezianische Kaufmann Marco Polo im 13. Jahrhundert den Fernen Osten und Südostasien bereiste und in seinem Reisebericht die Pflanze und seine Zubereitung beschrieb, wurde das „Land, wo der Pfeffer wächst,“ bekannt.

So kam es, dass schon Anfang des 16. Jahrhunderts der Ingwer neben dem Zuckerrohr in die Neue Welt, nach Amerika, ausgesiedelt wurde. Natürlich wurde die Ingwerwurzel in allen großen Heilpflanzenbüchern der Neuzeit beschrieben, wobei sicher die einen vom anderen abschrieben. Der Ingwer war unter vielen Namen bekannt: ob als „Zeugeborn“ bei den Benediktinern, als „Ingeber“ bei Hildegard von Bingen, als „Zinziberis“ bei Paracelsus, als „Zitwer“ und später als „Imber“ im Volksmund.

Paracelsus und Ingwer

Natürlich schätzte auch der berühmte Arzt und Naturforscher Bombast von Hohenheim, genannt Paracelsus, den Ingwer als Wärme spendende und die Entgiftung fördernde Pflanze. Doch obwohl er davon ausging, dass in jedem Land seine eigene Krankheit, Arznei und Arzt wachse, so forschte er trotzdem an exotischen Pflanzen wie Myrrhe, Koloquinte, Kardamom oder Ingwer. Letzterem ordnete er das Element „Luft“ (= feucht-warm) zu und verglich ihn mit der Wirkung der Zwiebel. Paracelsus schätzte besonders das „erwärmende Wesen“ der tropischen Exoten mit ihrer gespeicherten Sonnenkraft im Gegensatz zu den heimischen Pflanzen. Er nutzte jene, um den „Lebensgeist warm zu halten“. Also bei Krankheiten, die mit Erschlaffen der Verdauungsorgane, mit Frösteln und Kränkeln einhergehen. Bei Starre, also bei verlangsamtem Stoffwechsel oder ungenügender Organfunktion, verwendete Paracelsus die exotischen Gewürze neben heimischen Universalheilpflanzen wie Angelikawurzel oder Kümmel. Auch wenn er getrockneten Galgant, wegen seiner erhitzenden Wirkung trotz scheinbar geringerer Schärfe, bei Magenleiden dem Ingwer vorzog, so war die Ingwerwurzel Bestandteil vieler aufbauender Rezepturen und Bitterelixiere besonders bei Altersbeschwerden.6

Ingwer als Wärmevermittler

Auch heute nutzen wir die Ingwerwurzel als großen Wärmevermittler. Bewahrt uns doch der Ingwer-Tee, mit Honig gewürzt, vor der ausbrechenden Erkältung oder durchwärmt und entspannt ein Ingwerwickel am Rücken die Nieren und die Muskulatur der Lendenwirbelsäule bei Entzündung oder „Hexenschuss“.7 Ingwer wirkt durch seine Inhaltsstoffe antibakteriell und antientzündlich.

Für unterwegs eignet sich kandierter Ingwer und zu Hause ist schnell ein Tee bereitet. Dazu werden 2-3 Scheiben frischer Ingwer mit kochendem Wasser übergossen und mit frischem Zitronensaft und Honig gewürzt. Natürlich können die meist etwas scharfen Ingwerscheiben auch direkt gegessen werden. Es finden sich die wichtigsten Nährstoffe wie beim Apfel gleich unter der Schale. Doch je nach Herkunft und damit chemischer Belastung kann ein Schälen der Scheiben sinnvoll sein. Ein Ingwer-Glühwein lässt die Erkältung ebenso schwinden, heizt richtig durch und steigert das Immunsystem. Dafür werden 5 Ingwerscheiben nicht nur mit Honig und dem Saft einer halben Zitrone sondern auch mit einem kräftigen Schuss Rotwein gewürzt, mit etwas Wasser übergossen und kurz aufgekocht. Der Glühwein wird bei Schüttelfrost und Kältezuständen zur Erwärmung schluckweise getrunken. Deshalb ist er bei hohem Fieber nicht geeignet.8

Äußerlich ist ein Ingwerwickel nicht nur bei Muskelverspannungen sondern auch bei Arthroseschmerzen, chronischer Bronchitis oder Sinusitis oder sogar Depressionen zu empfehlen. Die Bereitung eines Ingwerwickels finden Sie in der Tabelle auf der folgenden Seite.

Wer profitiert von längeren Ingweranwendungen?

Intensive oder längere Ingweranwendungen sind nur für diejenigen geeignet, welche unter mangelnder Lebensenergie, Schwäche speziell der Verdauungsorgane und kalten Händen oder Füßen leiden. Ingwer ist also auch eine klassische Frauenpflanze für die Wintermonate. Menschen mit viel Hitze und Energie oder typische Bluthochdruck-Patienten brauchen meist keine Anregung. Doch stellt Bluthochdruck prinzipiell keine Kontraindikation für den Ingwer dar. Er kann unter Umständen sowohl bei zu niedrigem als auch bei zu hohem Blutdruck verwendet werden, da er regulierend wirkt. Entscheidend ist, ob eine mangelhafte oder schwächelnde Verdauung und z.B. kalte Füße vorliegen. Dann kann durch die Ingweranwendung die Energie aus dem Kopf in die Bauchorgane verteilt und der Blutdruck stabilisiert werden.

Wie der Ingwer angewendet werden kann, ist aus folgender Tabelle ersichtlich:

9 10 11 12

Feuer

„Wer die Welt erwärmen will, muß ein großes Feuer in sich tragen.“13

Wie schafft man es, die eigene Trägheit, die eigene Oberflächlichkeit zu überwinden? Wenn wir uns heute in unseren vielfältigen Aufgaben verzetteln, wie finden wir dann zum Wesentlichen? Was ist uns wichtig? Was motiviert uns? In der Hirnforschung ist schon lange bekannt, dass echtes Lernen nur funktioniert, wenn es mit positiven Emotionen verknüpft wird. Freude und Begeisterung sind der einfachste Beweggrund unserer Handlungen. Doch wie kommen wir zu mehr Freude und Begeisterung? Hier hilft es manchmal einen Schritt zurückzutreten und stille zu werden. Was will ich im Leben? Habe ich ein Ziel, auf das ich hin lebe? Wer oder was ist mir wichtig? Was stärkt mich, wer oder was gibt meinem Leben Sinn? Was treibt mich an? Das sind viele Fragen. Es gibt keine allgemeingültigen Antworten. Aber finde ich für mich Sinn und Ziel im Leben, finde ich auch die Freude am Tun. Die Begeisterung macht unser Leben leichter. Wir haben wieder Feuer gefangen. Das Blut fließt schneller. Das Herz schlägt kräftiger. Die Schlacken schwinden. Der Atem wird frei. Und wenn man dann noch Gleichgesinnte trifft, so hilft einer dem anderen und gemeinsam geht es dem Ziel entgegen.

Scharfe Wurzel gegen Schmerzen

„Es wurde schon erwähnt, dass Ingwer beim „Hexenschuss“ (Lumbago) und anderen mit Muskelverspannung einhergehenden Rückenbeschwerden außerordentlich hilfreich sein kann.“14

Anwendung des Ingwers

Die Anwendungsgebiete sind also in drei große Gruppen einteilbar:

  1. Ingwer wirkt kräftigend und anregend auf den Stoffwechsel insbesondere auf die Verdauung. Er stärkt die Leber.

  2. Ingwer wirkt antibakteriell, antiviral und stark erwärmend bei Erkältungen und Infekten, er steigert das Immunsystem. Er wirkt antientzündlich, lindert Schmerzen und mindert Übelkeit.

  3. Ingwer löst Stagnationen sowohl körperlich als auch psychisch, er behebt einen Mangel an Lebenswärme mit Neigung zu niedrigem Blutdruck und Frieren.

Was im Ingwer steckt

Ingwerknolle © Buderim Ginger Australia

Ingwerknolle © Buderim Ginger Australia

Wer ein Stück frische Ingwerwurzel isst, spürt schnell die Schärfe im Mund, die auch noch eine Weile anhält. Danach ist einem warm. Die Schärfe ist vor allem auf ein Gemisch aus organischen Harzen zurückzuführen. Dabei sind besonders die Gingerole und das Zingeron von Bedeutung. Auch hier liegt in der Kürze die Würze. So sind die kurzkettigen Gingerole deutlich schärfer als die langkettigen. Wobei die Schärfe der Gingerole immer noch geringer ist als die des Capsicains, dem Scharfstoff des Pfeffers. Während der Lagerung der Ingwer-Rhizome wandeln sich durch den Wasserentzug die Gingerole in Shogaole um (Shoga = japanisch für Ingwer) und auch hier sind die kurzkettigen die schärferen. Durch die Umwandlung verliert Ingwerpulver aus getrockneten Knollen den für frisch geschnittenen Ingwer typisch erfrischenden Zitrusduft. Es bleibt jedoch der scharfe Geschmack und die erwärmende Wirkung erhalten, wenn das Pulver nicht zu lange gelagert wurde.

Außer den Harzen enthalten die Ingwerknollen ätherisches Öl (1 bis 4%), welches sich aus mehr als 150 Komponenten zusammensetzt. Die Hauptbestandteile sind Zingiberen (~30%), ß-Bisobolen (10-15%), ß-Sesquiphellandren (15-20%) sowie ar-Curcumen.

Weiterhin finden sich in der Wurzel organische Säuren, Stärke, Bitterstoffe, Fette, Zucker, Schleime.9 15 10

Verdauungsförderung

Die Hauptwirkung des Ingwers liegt in den verdauungsfördernden Eigenschaften. Frischer Ingwer verkürzt die Verweilzeit der Speisen im Magen und beugt Sodbrennen, Völlegefühl, Blähungen und Aufstoßen vor. Bei Magengeschwüren und Darmentzündungen schützt Ingwer-Tee aus frischer Wurzel die Schleimhäute und entkrampft die Muskulatur, fördert die Speichelsekretion und entgiftet den Darm. Mit täglichem Ingwergenuss können sich die Leberwerte verbessern.

Übelkeit

Weiterhin beugt Ingwer Übelkeit und Erbrechen vor. Besonders bei Reiseübelkeit aber auch bei Schwangerschaftserbrechen, nach Operationen, begleitend zur Chemotherapie oder als Gegengift nach Einnahme von verdächtigen Nahrungsmitteln ist Ingwer frisch, als Tee oder Tinktur einsetzbar. Obwohl laut ESCOP- und WHO-Monografie Ingwer bei dyspeptischen (Verdauungs-) Beschwerden und vorbeugend gegen Übelkeit und Erbrechen empfohlen wird, ist Schwangerschaftserbrechen als Kontraindikation aufgeführt. Viele Hebammen haben gute Erfahrungen mit mildem Ingwer-Tee bei Schwangeren. Trotzdem sollten Schwangere mit den kampferhaltigen Gewürzen Ingwer, Kardamom, Nelke oder Zimt vorsichtig sein, weil sie Wehen auslösen können. Es ist hier wie überall von Person zu Person verschieden. Wenn die Schwangere den Ingwergeruch appetitlich findet und ihn maßvoll anwendet, wird er ihr auch gut tun.

Schmerzen

Die schmerzlindernde Wirkung des Ingwers ist ähnlich der Wirkung des Schmerzmittels Azetysalicylsäure (ASS, z. B. in „Aspirin“). Die Gingerole und Shogaole hemmen die Cyclooxy- und Lipoxygenase, also zwei Enzyme, welche die körpereigene Prostaglandin- und Leukotriensynthese unterbrechen. Die Schmerzleitung z. B. vom arthrotischen Knie zum Rückenmark wird damit unterbrochen. Zudem wirken sie entzündungshemmend. Weiterhin verhindern die Scharfstoffe das Zusammenballen der Thrombozyten, sodass die Fließeigenschaften des Blutes verbessert, die Blutgefäße erweitert und Thrombosen vorgebeugt werden.

Schmerzende Stellen oder Organe werden mehrfach täglich mit Ingwer-Öl oder Salbe eingerieben. Wer es verträgt, kann auch frische Scheiben auflegen. Dies fördert die Hautdurchblutung stark und kann zur Schmerzlinderung beitragen. Selbst bei Kopfschmerzen können aufgelegte Ingwerscheiben, von einem Stirnband gehalten, den Kopfschmerz lindern. Auch die regelmäßige Einnahme von Ingwerpulver kann chronische Schmerzen bzw. die Menge der eingenommenen Schmerzmittel mindern.

Ingwer-Tinktur ist besonders Sängern zu empfehlen, da sie die Stimme vor Überlastung schützt. Gegurgelt hilft sie auch bei Kehlkopfentzündung, Halsschmerzen und Angina.

Studien

In der Forschung werden ebenfalls die Scharfstoffe für die meisten Wirkungen des Ingwers verantwortlich gemacht und durch zahlreiche Studien belegt. Diese zeigen seine schmerzlindernden, entzündungshemmenden und schweißtreibenden Effekte. Ingwer steigert die Speichel-, Magensaft- und Gallensekretion, lindert Übelkeit, regt das Herz, Nieren und den Darm an und senkt den LDL-Cholesterinspiegel, indem er die Umwandlung dieser Fettsäuren in Gallensäuren anregt. Weitere Studien weisen auf eine antikanzerogene Wirkung der Inhaltsstoffe des Ingwers hin.15 10 16 5

Einschub: Kurkuma

Kurkuma (Curcuma longa), der Gelbwurz, ein naher Verwandter des Ingwers, ist ebenfalls seit einigen Jahren wegen seiner Krebs abwehrenden Wirkung im Gespräch. Kurkuma ist eine zentrale Pflanze der indischen Küche und Volksmedizin und wurde besonders auch zu rituellen Zwecken genutzt. Kurkuma reinigt das Blut, regt den Kreislauf an, pflegt die Ohren, hilft bei Leber- und Herzbeschwerden, stärkt die Verdauungsorgane und Nieren und pflegt, mit Kokosöl zu einer Paste vermischt, die Haut und lindert Juckreiz. Buddhistische Mönche färben für große Zeremonien mit Gelbwurz ihre Gewänder. Der Hauptwirkstoff, das Curcumin, ist ein natürlicher Entzündungshemmer und in der Wirkung dem Cortison und dem Aspirin vergleichbar. Ingwer und Kurkuma besitzen ähnliche Eigenschaften. Sie sind wie Bruder und Schwester, Yang und Yin oder die zwei Seiten einer Medaille. So steht Ingwer mehr für die Klarheit, den Schutz, den Aufbau, die Logik. Kurkuma verkörpert den frischen Wind der Erneuerung, die Intuition, die Reinigung, die Regulation.12

Über 1000 Studien belegen die Antikrebswirkung des Curcumins. Es hemmt das Wachstum und die Ausbreitung der Tumorzellen, tötet Krebszellen ab oder behindert die Bildung von Blutgefäßen zur Tumorernährung. Weiterhin wirkt Kurkuma antibakteriell, antiviral, pilzbekämpfend, steigert das Immunsystem, schützt die Leber und regt die Gallensaftausscheidung an, wirkt antioxidativ und verflüssigt das Blut. So sind positive Wirkungen bei Alzheimererkrankung, Morbus Parkinson, Diabetes Typ 2, Rheuma und Arthrosen sowie zur Herzinfarktvorbeugung beobachtet worden. Zur allgemeinen Vorsorge empfiehlt es sich, einen Teelöffel Kurkuma als Gewürz täglich dem Essen zuzugeben. Die Aufnahme des Curcumins durch den Organismus erhöht sich durch die Kombination mit dem Piperin des schwarzen Pfeffers deutlich.5 12 17

Licht

„Das Saatkorn sieht die Ähre nicht, aber es glaubt daran. Der Weg des Saatkorns ist der Weg jedes Menschen zu Fruchtbarkeit und Reife.“18

Unsere Zeit hat keine großen, lebenfüllenden Ideale mehr. Wer hat noch ein Ziel, ein Ideal, eine Mission, welche das ganze Sein erfüllt, was einen beflügelt? Ohne Ideale oder Visionen bleibt der Blick am Materiellen kleben. Wir bauen Maulwurfshügel und sind unglücklich, weil wir die Sonne nicht sehen. Die Unzufriedenheit wächst und die Langeweile schlägt Wurzeln. Das Saatkorn in der dunklen Erde kämpft sich dem Licht entgegen und überwindet dabei Widerstände wie den Asphalt. Eine große Liebe, eine große Begeisterung setzen große Kräfte in uns frei. Aus dem Wunsch wird der Wille, das große Ziel, die begeisternde Vision trotz aller Widerstände zu erringen. Und das macht glücklich und lebendig! Das ist eine tägliche Kraftquelle, die uns vor dunklen Etappen nicht schützt, aber aus ihnen heraus hilft.

Wenn es hell in einem wird

„Die Pflanze verfügt auch über psychotrope Wirkungen: Depressive Verstimmungen und Lustlosigkeit gehen unter längerer Ingwergabe ebenso zurück wie die Neigung zu Panikattacken und diffusen Angstzuständen.“19

Die Pflanze

Ingwer (Zingiber officinale) gehört zur Familie der Ingwergewächse oder Gewürzlilien (Zingiberaceae). Diese umfasst 24 verschiedene Gattungen mit etwa 300 tropischen Arten. Es gibt ungefähr 20 verschiedene Ingwerarten.

Ingwer vermehrt sich vegetativ durch das Rhizom. Dieser ausdauernde Wurzelstock kriecht horizontal im Boden und verzweigt sich nur in einer Ebene, sodass er einem Geweih ähnlich sieht. Wird er in die Erde gesteckt, treibt er nach 4-5 Wochen Scheinstängel ans Licht, welche eigentlich Blätter sind und bis 1,5 Meter hoch werden können. Die eng ineinander geschlossenen Blätter wirken wie Stängel. Von diesem stehen wechselständige, schwertförmig-lanzettliche Blätter ab, die an kleinere Tulpenblätter erinnern. Ingwer ist eine schilfartige Pflanze und wirkt fast wie kräftiges hohes Gras. Nachdem sich die Blätter ausgebildet haben, entwickelt sich eine grünliche Blütenähre. Diese ist eiförmig und deren Deckblätter liegen dachziegelartig übereinander. In den Achseln bilden sich gelbliche oder rötliche Einzelblüten, welche mit ihren langen Staubgefäßen und Deckblättern an Mini-Orchideen erinnern. Früchte und Samen entwickeln sich praktisch nicht.3

Der Anbau von Ingwer in Afrika oder Asien ähnelt etwas unserem Kartoffelanbau. In den Gärten an den Häusern wachsen meist Ingwerpflanzen, die direkt in der Küche genutzt werden. Reste vom Wurzelstock mit mindestens einem Auge werden wieder eingegraben. Dies ist auch im Blumentopf möglich. Er liebt es feucht und warm. Hat sich der Wurzelstock vergrößert, wird etwas abgeschnitten und der Rest wieder eingepflanzt. So hat man immer frischen Ingwer zur Hand, der aber aufgrund der hiesigen, nicht tropischen Sonne nicht ganz so scharf ist.

Starre löst sich

Konzentriert sich die Heilkraft einer Pflanze auf die Wurzel, dann ist die Wirkung besonders im Nervensystem des Menschen spürbar. Der Ingwer beeinflusst vorrangig die Nervenprozesse im Stoffwechselsystem. So ist Ingwer für Menschen geeignet, die unter Durchblutungsstörungen, niedrigem Blutdruck und häufig kalten Füßen leiden. Er vermittelt Wärme und löst Stagnationen. Der Stoffwechsel und die Leber, das Organ der Lebenskraft, werden angeregt. Die Lebensenergie steigt. Wie die verschiedenen Pfefferarten, die Gewürznelke oder der Muskat so wirkt auch der Ingwer mit seiner gespeicherten Sonnenkraft stimmungsaufhellend und anregend. Ein Nierenwickel mit Ingwerpulver kann bei depressiven Verstimmungen helfen. Es ist zu empfehlen, wenn eine Vertrauensperson beim Anlegen des Wickels hilft. Der Ingwer entfaltet langsam aber stetig seine wärmende Wirkung und die Haut beginnt zu prickeln. Ein zusätzlicher Ingwer-Tee steigert das Schwitzen und wirkt befreiend.

Therapie aus der Küche

Wenn gleichzeitig noch die Sonnenkräfte über die Speisen eingenommen werden, ob Muskat am Essen, Nelkenplätzchen, Ingwer als Tee, süß-sauer eingelegt, kandiert und mit Schokolade überzogen, …, dann wird es wieder hell.

Frischer Ingwer verbessert die Fleischverdauung. Wird er am Ende des Kochens zugegeben, bleibt er scharf. Längeres Kochen reduziert die Schärfe zu warm-würzigem Geschmack. Getrocknetes Ingwerpulver reagiert heißer als frische Ingwer-Stücke und sollte wie Chili nur sparsam verwendet werden.20 21

Einkauftipps

Beim Einkauf von frischem Ingwer ist jedenfalls auf eine glatte, glänzende Schale ohne Faltenbildung zu achten. Kühl im Gemüsefach des Kühlschrankes gelagert hält sich frischer Ingwer als Stück 6 – 8 Wochen und eingefroren praktisch unbegrenzt. Frischer Ingwer eignet sich in der Küche für herzhafte Gerichte aller Art, ob als Stück mitgekocht, gerieben oder mit der Knoblauchpresse gepresst. In der Hausapotheke sind frische Ingwerscheiben zum Kauen, als Teegrundlage oder als Auflagen auf schmerzende Stellen unentbehrlich. Ingwerpulver eignet sich mehr für Süßspeisen und Gebäcke, da es den Speisen eine angenehme Hintergrundschärfe verleiht.

Wärme - Feuer - Licht

Ingwer regt an, gibt Kraft, Energie und Schwung! Er hilft uns aus unserer Trägheit und Starre auf. Fassen wir Mut! Lösen wir die verkrusteten Gehirnwindungen, befreien wir uns von den Eisen um unsere Herzen und raffen wir uns auf, unseren Willen einzusetzen! Suchen wir Visionen, Ideen und Ideale! Und gehen wir freudig und begeistert los, um uns und unsere Welt zu verändern!

„Wir brauchen einen neuen Frühling, einen Frühling des Geistes, einen Frühling des Herzens. …Wir sind vom Wohlstand übersättigt und betäubt. Wir müssen aufstehen. Mit einem neuen Geist und einem neuen Herzen. Nicht mit Hilfe einer Apotheke von Pillen, Pülverchen und Tabletten, sondern mit Hilfe jener geheimnisvollen Kräfte, die tief im Herzen jedes Menschen schlummern. …Wach auf aus dem Winterschlaf deines lustlosen Daseins zu einem neuen Frühling. Steh auf! Gott hat Auferstehung in jedes Blatt eines jeden Baumes geschrieben. Also sicherlich auch in dein armes Menschenherz.“22

„Wer vom Ziel nicht weiß, kann den Weg nicht haben,
wird im selben Kreis all sein Leben traben;
kommt am Ende hin, wo er hergerückt,
hat der Menge Sinn nur noch mehr zerstückt.

Wer vom Ziel nichts kennt, kann`s doch heut erfahren;
wenn es ihn nur brennt nach dem Göttlich-Wahren;
wenn in Eitelkeit er nicht ganz versunken
und vom Wein der Zeit nicht bis oben trunken.

Denn zu fragen ist nach den stillen Dingen,
und zu wagen ist, will man Licht erringen:
wer nicht suchen kann, wie nur ein Freier,
bleibt im Trugesbann siebenfacher Schleier.“23

2018


  1. Bosmans, Phil: Worte zum Menschsein, Verlag Herder, Freiburg i. Br., 1986, S. 71

  2. Madejsky, Margret; Rippe, Olaf: Heilmittel der Sonne, Erd Verlag, München, 2005, S. 54

  3. Schröder, Rudolf: Kaffee, Tee und Kardamom, Eugen Ulmer GmbH & Co., Stuttgart, 1991, S. 193

  4. Ludwig, Otto: Im Thüringer Kräutergarten, Greifenverlag, Rudolstadt, 1984, S. 94

  5. Aggarwal, Bharat B.: Heilende Gewürze, Narayana Verlag GmbH, Kandern, 2014, S. 119 ff.

  6. Rippe, Olaf; Madejsky, Margret: Die Kräuterkunde des Paracelsus, AT Verlag, Baden und München, 2006, S. 236

  7. Sommer, Markus: Heilpflanzen, Verlag Freies Geistesleben & Urachhaus GmbH, Stuttgart, 2011, S. 301 ff.

  8. Vonarburg, Bruno: Homöotanik Band 4: Extravagante Exoten, Karl F. Haug Verlag, Stuttgart, 2005, S. 589 ff

  9. Bühring, Ursel: Praxis-Lehrbuch Heilpflanzenkunde, Karl F. Haug Verlag, Stuttgart, 2014

  10. Zittlau, Jörg: Ingwer – Natürlich gesund mit der asiatischen Heilwurzel, Lüchow Verlag, Stuttgart, 2009

  11. Ennet, Diether: BI-Lexikon Heilpflanzen und Drogen, VEB Bibliographisches Institut, Leipzig, 1988

  12. Phylak Sachsen (Schweiz) GmbH: Seminar 2017: Ingwer und Kurkuma, Burgneudorf, 2017

  13. Bosmans, Phil: Worte zum Menschsein, Verlag Herder, Freiburg i.Br., 1986, S. 123

  14. Sommer, Markus: Heilpflanzen, Verlag Freies Geistesleben & Urachhaus GmbH, Stuttgart, 2011, S. 305

  15. Hänsel, R.; Sticher, O.; Steinegger, E.: Pharmakognosie – Phytopharmazie, Springer Verlag, Berlin Heidelberg, 1999

  16. Schrott, Ernst; Seifert, Sabine: Handbuch Ayurveda: Grundlagen und Anwendungen, Karl F. Haug Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG, Stuttgart, 2005, S. 137 ff.

  17. Béliveau, Richard; Gingras, Denis: Krebszellen mögen keine Himbeeren, Wilhelm Goldmann Verlag, München, 2010

  18. Bosmans, Phil: Worte zum Menschsein, Verlag Herder, Freiburg i. Br., 1986, S. 99

  19. Rupprecht, Margret: Ingwer als Nahrungsergänzung und Heilmittel, aus Naturheilpraxis 1/2012, Richard Pflaum Verlag, München, 2012, S. 33

  20. Matthaei, Bettina: Gewürze, Gräfe und Unzer Verlag GmbH, München, 2013

  21. Temelie, Barbara: Ernährung nach den Fünf Elementen, Joy Verlag, Sulzberg, 2004

  22. Bosmans, Phil: Worte zum Menschsein, Verlag Herder, Freiburg i. Br., 1986, S. 107

  23. Morgenstern, Christian: Wir fanden einen Pfad, R. Piper & Co Verlag, München, 1952, S. 38

Dipl.-Ing. Anke HerrmannHeilpraktikerin

In Freiberg und Erlangen widmete sich Frau Herrmann dem Studium der Werkstoffwissenschaften, in welchem sie auch ihr Diplom erwarb. Ihre Ausbildung zur Heilpraktikerin erfolgte in Dresden, Erlangen und Zürich. Seit 1996 ist sie in ihrer eigenen Praxis tätig. Zu ihren Therapieschwerpunkten gehören Manuelle Therapie (Ortho-Bionomie), Homöopathie, Spagyrik und Fußreflexzonentherapie. Sie ist Autorin verschiedener Fachbücher und der populärwissenschaftlichen Druckerzeugnisse über die Heilpflanze des Jahres. Ihre fundierten Kenntnisse gibt sie auch in Vorträgen an Fach- und Laienpublikum weiter.